Kein Tabuthema – Euthanasie
Euthanasie ist ein schwieriges Thema. Sowohl für Tierbesitzer als auch für Tierärzte. Schließlich beginnt das Leben mit einem Tier voller Freude, und man genießt die gemeinsame Zeit. Unangenehme Gedanken rund um das Ende eines Tierlebens schiebt man für später auf, verständlicherweise.
Doch mit jedem Haustier übernimmt man die Verantwortung, sich mit dem Thema im Zweifelsfall auseinandersetzen zu müssen. Ich bin immer wieder überrascht wie wenig die meisten Tierbesitzer sich mit dem Thema befassen. Klar, man denkt über solche Ereignisse wie die mögliche Euthanasie des geliebten Tieres am Lebensende ungern nach. Man möchte schließlich die Zeit mit dem Tier genießen. Es gehört aber auch zu den Pflichten unseren Tieren gegenüber, vorbereitet zu sein, wenn das Ende naht.
Die Tierrettung München wird häufig von Tierbesitzern mit dem Wunsch nach Erlösung für das Tier kontaktiert. Wir Tierärzte sind gesetzlich dazu verpflichtet, die Gründe für die gewünschte Euthanasie genau erfragen. §1 des Tierschutzgesetzes besagt: Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.
Was ist also ein vernünftiger Grund, um ein Tier zu erlösen?
Ein nachvollziehbarer und vernünftiger Grund ist zum Beispiel, wenn der Leidensdruck wegen einer unheilbaren Krankheit oder wegen fortschreitender Altersschwäche zu groß wird. Idealerweise liegt eine Diagnose oder ein Befund vor, die Therapieoptionen wurden weitestgehend ausgeschöpft und der behandelnde Haustierarzt sieht keine weitere Chance auf Heilung. Ein weiterer vernünftiger Grund sind schwere Unfallverletzungen, die nicht mehr operabel sind. Hier sollten Besitzer dem Tierarzt, der vor Ort ist, das nötige Vertrauen schenken, um die Situation richtig zu beurteilen.
Man macht sich strafbar, wenn einem (Wirbel)tier aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt werden. Zufügen bedeutet auch zulassen. Liegt also einer der vernünftigen Gründe vor, muss der Tierarzt im Sinne des Gesetzes handeln und das Tier von seinem Leid erlösen.
Eine finanzielle Notlage des Tierbesitzers allein stellt keinen vernünftigen Grund zur Euthanasie dar, wenn das Tier gerettet werden kann.
Wie so oft im Leben – die Entscheidung über Leben oder Tod des geliebten Tieres bewegt sich in einer Grauzone. Ich würde Sie dazu ermutigen, mit Ihrem Haustierarzt in einem intensiven Gespräch zu bleiben. Er kennt Sie und Ihr Tier am besten und wird Ihnen helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Das Wort Euthanasie kommt aus den Griechischen und bedeutet „guter oder schöner Tod“. Das Ziel ist das würdige, schmerzlose und ästhetische Beenden des Lebens eines Tieres, um zum Beispiel weitere Schmerzen und Leiden zu verhindern.
Wie läuft die Euthanasie ab?
Bevor ich in den eigentlichen Ablauf näher eingehe, möchte ich mit Ihnen einige wichtige Hintergrundinformation teilen. Eine Euthanasie darf nur von fachkundigen Personen vorgenommen werden. Das verwendete Mittel unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz und wird strengstens kontrolliert. Das Sterben muss schmerzlos erfolgen, was aber nicht bedeutet, dass das Tier überhaupt kein Schmerzen mehr empfindet. Ein Mindestmaß an „Manipulation“ – wie zum Beispiel das Fixieren oder Spritzen – ist erforderlich, um diesen Kriterien gerecht zu werden. Einige Tiere reagieren in der Ausnahmesituation vermehrt empfindlich und können auch panisch werden. Sie spüren Ihre Nervosität, und das überträgt sich. Sie tun Ihrem Liebling daher einen Gefallen indem Sie möglichst ruhig bleiben. Einfacher gesagt, als getan. Doch gedanklich vorbereitet zu sein und sich mit dem Thema zu befassen bevor es aktuell wird, kann schon viel helfen.
Das überdosierte Narkosemittel wird im Idealfall über einen Venenkatheter in den Körper injiziert. Bevor das geschieht, werden nervöse Tiere bei Bedarf sediert, also beruhigt, damit überhaupt ein Venenkatheter gelegt werden kann. Das ist die einzige Injektion, die Ihr Tier noch mitkriegt bevor es entspannt einschläft. Danach wird die Sedation mit einer Allgemeinanästhesie fortgesetzt. Die Bewusstlosigkeit wird mit Propofol erreicht, dessen Name für viele bekannt klingen mag. Zuletzt wird ergänzt mit dem oben erwähnten Narkosemittel was schließlich zu einem stillen Tod führt. Das Setzen eines intravenösen Katheters ist leider nicht immer möglich. In diesem Fall muss die Euthanasie auf anderem Weg durchgeführt werden. Hier wird das Tier ebenfalls tief sediert bevor die letzte Spritze in den Bauch (Intraperitoneal) injiziert wird. Der Unterschied zu der anderen Methode ist, dass der Wirkungseintritt des Medikamentes etwas länger dauert. Im Anschluss stellt der Tierarzt anhand mehrerer Kriterien den Tod fest.
Manche Tierbesitzer reagieren mit großer Traurigkeit, manche können es gar nicht fassen, dass der geliebte Freund nun nicht mehr lebt. Manche werden wütend, und andere sind einfach erleichtert, dass das Tier nicht mehr leiden muss. Trauer hat viele Gesichter, und alle haben in so einem Augenblick Platz. Ich kann Ihnen versichern, es ist kein leichter Moment, auch nicht für uns Tierärzte. Es wird nicht zur Routine, und oft beschäftigen wir uns nachher noch intensiv mit dem Geschehenen. Wir bringen all unser Wissen und Erfahrung ein damit der letzte Tierarztbesuch so reibungslos wie möglich abläuft.
Wichtig zu wissen ist, dass während und kurz nach der Euthanasie kleine Muskelbewegungen oder Lautäußerungen vorkommen können. Durch Ausschaltung des Bewusstseins werden diese nicht mehr wahrgenommen und sind physiologisch bedingt. Es ist kein Todeskampf.
Und wenn wir schon beim letzten Tierarztbesuch sind, stellt sich die Frage: Wo soll die Euthanasie stattfinden?
Viele Besitzer wünschen sich ausdrücklich, dass das Tierleben zu Hause in seiner vertrauten Umgebung beendet wird. Ich möchte dazu noch folgendes zu bedenken geben: Das Tier weiß nicht, was genau passiert. Womöglich empfindet Ihr Liebling die Ankunft des Tierarztes als ein Eindringen in sein Revier, und das kann für Aufregung sorgen. Der „letzte Weg“ in die Tierarztpraxis kann für ihn ein „normaler“ Tierarztbesuch werden, vor allem wenn Ihr Hund oder Katze gerne hingegangen sind. Hier gilt, wie bei der Entscheidung von „wann?“: Es gibt kein Richtig oder Falsch. Die einzige was zählt ist, dass Sie für Ihr Tier bis zu der letzten Sekunde da sind.
Es bleibt noch zu klären – was passiert nun mit dem Tierkörper?
Hierfür stehen dem Besitzer mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. Man darf das Tier in der Regel im eigenen Garten begraben. Hier gilt es aber gesetzliche Bestimmungen einzuhalten. Erkundigen Sie sich daher bitte vorher bei dem zuständigen Veterinäramt oder der Gemeinde. Eine Bestattung auf einem Tierfriedhof oder in einem Tierkrematorium sind würdevolle Alternativen, und wenn Sie sich es wünschen, können Sie Ihren treuen Begleiter in einer Urne wiederbekommen.
Ich hoffe sehr, dass dieser Artikel das leidige Thema der Euthanasie ein wenig nähergebracht hat und Hilfestellung leistet, wenn Sie eines Tages vielleicht vor der Entscheidung stehen sollten, Ihr Tier gehen zu lassen.