Auf den Hund gekommen...
Nachdem ich mich nun fast vier Jahre als Beirat der Tierrettung München mit organisatorischen Themen und Personalfragen befasse, erhalte ich bedingt durch den Kontakt mit unseren Tierärzten auch bei den Notfällen im Tagesgeschäft Informationen über Hund, Katz und Maus.
Von Reiner Rösch, Beirat. Bis vor einigen Jahren hatte ich eher ein distanziertes Verhältnis zu allen Tieren – es war insbesondere Angst, die ich schon als Kleinkind vor jedem vierbeinigen Lebewesen hatte. Ob es die kleine Maus oder die größere Kuh war, allen begegnete ich mit einem Riesenrespekt. Selbst bei meinen Lieblingstieren, den Pferden, traute ich mich nur recht zögerlich, diese zu streicheln.
Geändert hat sich diese Einstellung erst sehr spät, nämlich als ich meine heutige Lebensgefährtin Evelyne Menges kennengelernt habe, damals noch mit ihrem inzwischen verstorbenen Königspudel Morle. Diese gutmütige Hündin hatte mich ziemlich schnell akzeptiert und als Freund betrachtet, und hat mir dabei geholfen, meine Ängste vor Hunden abzubauen. Wenn ich noch im Jugendalter jedem Dackel aus dem Wege gegangen bin und um jeden Schäferhund einen großen Bogen gemacht habe, so bauten sich durch Morles Kontakte meine Ängste immer weiter ab. Ein besonderes Erlebnis und zugleich für mich eine ganz besondere und traurige Erfahrung war, als ich spät abends daheim einen epileptischen Anfall von Morle miterleben musste. Eine Tierärztin der Tierrettung München war Gott sei Dank sehr schnell zur Stelle. Ich begleitete alle auf der Fahrt in die Uniklinik. Zum Glück konnte Morle mit Spritzen wieder so weit hergestellt werden, dass wir sie gleich wieder mit nach Hause nehmen konnten. Nachdem Pudeldame Morle im betagten Alter von 15 Jahren in Folge einer durch einen Lymphon bedingten Magendrehung eingeschläfert werden musste, fehlte Dr. Evelyne Menges verständlicherweise sehr ihre treue Begleiterin. Es war daher wenig verwunderlich, dass sie sich – obwohl immer noch traurig und voller wehmütiger Erinnerungen – auf die Suche nach einem neuen Königspudel machte. Und so reisten wir schließlich zur Züchterin Ute Storjohann nach Hamburg, deren Pudelhündin einen Wurf mit 5 Welpen hatte. Wir waren die ersten Interessenten und hatten nun die Qual der Wahl. Während 3 Hunde-Jungs und ein Pudel- Mädchen ausgelassen balgten und umherrannten und sich für uns in keiner Weise interessierten, sonderte sich ein Mädchen jedoch von der Gruppe ab und freundete sich mit uns an. Die Züchterin erklärte uns auch, dass die mit dem blauen Bändchen die Ruhigste sei. Und auf sie fiel dann sehr schnell die Wahl – doch eigentlich hat sie uns ausgesucht... ! „Chiara Mia“ wuchs uns sehr schnell ans Herz, auch wenn sie sich durchaus nicht immer wie eine „Ruhige“ verhält. Ganz besonders bei Spaziergängen nimmt sie es mit jedem Hund auf, was den Wettlauf über Wiesen und Felder angeht.
Eine Husky-Tour in Lappland
Mit dem Aufwachsen von Chiara, (sie wird im August 3 Jahre) und der Zuneigung, die sie mir schenkt, wurden meine Ängste vor Hunden (fast) gänzlich abgebaut.
Und der beste Beweis dafür ist mein „Urlaub der ganz besonderen Art“, den ich im März dieses Jahres gemacht habe: eine Husky-Tour in Lappland, 5 Tage unterwegs mit 5 Schlittenhunden. Da hieß es, täglich seine Hunde einzuspannen, abends auszuschirren und zu füttern. Es war ein Erlebnis, in der verschneiten Wald- und Seenlandschaft mit seinen Hunden auf dem Schlitten Spuren zu ziehen. Morgens beim Einschirren ging das Gejaule schon los, die Hunde konnten es gar nicht erwarten, sich wieder voll ins Geschirr zu legen. Kaum waren die Bremsen gelöst, zog das Gespann aus Leibeskräften den Schlitten bergauf und bergab. Musste mal einer sein Geschäft erledigen, ließen ihm seine Kameraden keine Zeit dazu – am Halsband hängend, Beine gespreizt, zogen sie ihn mit dem Schlitten durch den Schnee (wenn ich das gemerkt habe, habe ich natürlich sofort gestoppt!). Mit einer Geschwindigkeit von ca. 13 km/Std. haben sie sich dann aber nach 2 ½ Std. eine Pause verdient, ehrlich gesagt, ich aber auch. Auf dem Schlitten zu stehen, meistens nur auf einem Bein, mit dem anderen auf der Bremse (das Zugseil muss immer gespannt sein), das strengt gehörig an. Dazu kommt die Konzentration, bei Unebenheiten und Bergabfahrten den Schlitten in der Spur zu halten und nicht umzukippen. Es ließ sich nicht vermeiden, dass ich dreimal unfreiwillig im Schnee landete. Wichtig dabei ist, den Schlitten umzuwerfen, weil man dann seine Hunde nur noch von hinten sieht und möglicherweise bei Bergabfahrten der Schlitten die Hunde verletzen könnte.
Die Hunde haben aber auch schon Erfahrung mit brenzligen Situationen – so schauten sie immer nach hinten, wenn es unter schneebeladenen, gebogenen Bäumen hindurchging. Für sie war es kein Problem, ob es aber der Schlittenführer schafft, da waren sie sich nicht so sicher. Wahrscheinlich haben sie auch damit schon ihre Erfahrungen gemacht. Abends bei der Rückkehr ins Camp haben meine Hunde noch einmal all ihre Kräfte mobilisiert und mit Riesenschritten und hängender Zunge ging es nun zu den Hundehütten. Sie konnten es dann gar nicht erwarten, ihre wohlverdiente Mahlzeit zu bekommen. Der Fütterungsvorgang nahm einige Zeit in Anspruch und wurde begleitet von heftigem Gejaule der noch nicht Versorgten. Nach 5 Tagen hieß es dann Abschied nehmen von meinen Hunden. Sie sind mir richtig ans Herz gewachsen. Sogar der Leithund, der mich vier Tage immer skeptisch beäugt hatte, ließ sich kräftig verabschieden. Allen Menschen, die vor Hunden Angst, Respekt oder Vorbehalte haben, kann ich aus meiner Erfahrung Mut machen, dass der Umgang mit Welpen oder jungen Hunden diese Berührungsängste allmählich abbaut und viel Freude vermittelt, wenn sie einem dann ihr Herz schenken. Das ist eine Erfahrung, die ich nie wieder missen möchte.