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Von Pechvögeln und Waisenkindern

Wildvögel
Rettungseinsätze –

Wildvögel gehören zu den häufigsten Patienten der Tierrettung. In manchen Fällen geraten sie einfach in der durch uns Menschen veränderten Umwelt in ungewöhnliche Situationen, so dass ihnen mit relativ einfachen Mitteln geholfen werden kann. Da gab es zum Beispiel eine Wildgans, die sich Anfang März auf die Terrasse der Hypovereinsbank im Tucherpark verirrt hat. Da diese sehr verwinkelt und relativ eng außerdem auch noch durch einen Taubenschutz abgegrenzt ist, war es dem Tier nicht möglich wieder zu starten. Durch die missglückten Versuche war es sehr erschöpft. Die Bankmitarbeiter stellten dem Vogel eine Tränke hin, die er gerne annahm und riefen die Tierrettung. Nach erfolgreichem Einfangen wurde das Tier im Englischen Garten freigelassen. Von Dr. Gabor Horvath

Manche Vögel sind jedoch auf mehr Hilfe angewiesen. Dabei gibt es richtige Überlebenskünstler. Ein Milan wurde in einem sehr schlechten Allgemeinzustand von der Tierrettung abgeholt, nachdem er einen Stromschlag an elektrischen Leitungen erlitten hat. Er befand sich in Seitenlage mit Schaum am Schnabel. Die Vogelklinik stellte eine sehr vorsichtige Prognose. Zur Überraschung aller erholte sich das Tier jedoch sehr gut. Eine Waldohreule, die sich nach einem Anflugtrauma in der Innenstadt in Rückenlage befand, hatte leider weniger Glück. Das Wildtier starb auf dem Weg in die Klinik.

Ein junger, noch nicht ganz flügger Waldkauz, ein echter Pechvogel, musste gleich zweimal von der Tierrettung gerettet werden. Er wurde von Hunden aufgespürt und bis in den Schwabinger Bach getrieben. Nachdem er nach Erstversorgung am Fundort in telefonischer Absprache mit der Vogelklinik wieder ausgesetzt wurde, musste der Einsatzwagen zum zweiten Mal ausrücken, um ihn von der Chirurgischen Tierklinik, wo er von aufmerksamen Passanten nach einem Überfall von Krähen hingebracht wurde, in die Vogelklinik nach Oberschleißheim zu bringen. Nach paar Tagen Behandlung und Pflege konnte das seltene und geschützte Tier erfolgreich wieder ausgewildert werden.

Nicht immer können und sollen die Vögel behandelt werden. Wenn eine vollständige Rehabilitation nicht möglich ist, stellt eine lebenslange Behandlung keine Option dar, denn es handelt sich um Wildtiere, die nicht in Gefangenschaft gehören. So bleibt manchmal nur eine schmerzfreie Erlösung als Möglichkeit zu helfen. Auch ist die Behandlung von Wasservögeln, Aasfressern und Greifvögeln wegen des Vogelgripperisikos problematisch, da sie in der Vogelklinik in die Quarantäne müssen wo die Möglichkeiten der Diagnosestellung und Behandlung eingeschränkt sind.

Im Frühling und Sommer sind es die Jungvögel, um die sich viele Menschen Sorgen machen. Diese sind jedoch meistens unbegründet. Bei den verwaist erscheinenden Jungtieren handelt es sich fast immer um Ästlinge oder Nestflüchter. Ästlinge sind noch nicht flügge und werden außerhalb ihres Nestes von ihren Eltern weiter versorgt. Nestflüchter wie Enten sind beim Schlüpfen schon so weit entwickelt, dass sie sich bald außerhalb des Nestes aufhalten können. Die Tiere sind nicht alleingelassen, sie brauchen keine Hilfe und sind draußen sehr viel besser aufgehoben als in menschlicher Obhut. Wirklich aus dem Nest gefallene oder verletzte Jungvögel, die pflegebedürftig sind, kommen zwar vor, man sollte jedoch bedenken, dass dies einen Grund haben kann. So verhalten sich erkrankte Tiere anders und werden von ihren Eltern nicht mehr gefüttert oder sogar aus dem Nest geworfen.

Durch unsere heutige Lebensweise sind uns die Abläufe in der Natur häufig unbekannt. Gleichzeitig ist unser Interesse und unser Mitgefühl für die Tierwelt zum Glück gestiegen. So kann es aber vorkommen, dass man einem scheinbar in Not geratenen Tier helfen möchte und aus Unwissenheit sowohl dem Individuum selbst wie auch der Tierwelt keinen Gefallen damit tut. Handaufzuchten sollte man aus ethischen Gründen vermeiden, weil die Tiere für die Wildbahn häufig verloren sind. Durch Haltungs- und Fütterungsfehler sind sie in freier Natur oft nicht überlebensfähig. Auch stirbt ein hoher Prozentsatz bereits während der Aufzucht, da diese sehr aufwendig und der natürlichen nicht gleichzusetzen ist. Der Mensch sollte daher möglichst wenig in die Natur eingreifen.

Gesunde Jungvögel haben die besten Überlebenschancen, wenn sie am Fundort gelassen werden und von ihren Eltern gefüttert, versorgt und „erzogen“ werden, da ihr natürliches Verhalten Voraussetzung für ihr Überleben ist. Passiert es doch mal, dass man einen Jungvogel angefasst hat, weil er sich vielleicht an einer gefährlichen Stelle wie einer Straße befand, dann kann man ihn in der Nähe an einem sichereren Ort absetzen. Dort werden ihn die Eltern durch seine Stimme erkennen und annehmen, denn Vögel haben im Gegensatz zu einer weit verbreiteten Meinung einen sehr schwach ausgebildeten Geruchssinn, der in der Erkennung keine Rolle spielt. Ist man sich unsicher wie man sich im jeweiligen Fall verhalten soll, kann man Rat bei Fachleuten suchen wie dem Landesbund für Vogelschutz, der Vogelklinik der LMU oder natürlich der Tierrettung.