Tierrettung zu Lande, auf dem Wasser und in der Luft
Drei Wildtiereinsätze der aktion tier-tierrettung münchen zeigen, welche Herausforderungen auf die Tierärzte täglich warten.
Die Mausefalle
Von Dr. Silvia Haghayegh und Judith Brettmeister. In den frühen Morgenstunden wurde Dr. Silvia Haghayegh zu einem außergewöhnlichen Tierrettungsfall gerufen. Ein Mitglied der Tierrettung München hatte zufällig eine im Gitter eines Lüftungsschachtes feststeckende Maus entdeckt. Das engmaschige, quadratische Gitter war knapp über dem Boden angebracht. Selbst der Hausmeister, in dessen Tätigkeitsbereich üblicherweise die Tötung von Mäusen mittels Gift oder Totschlagfalle fällt, wollte das kleine, Mitleid erregende Tier retten und hatte eine Stütze aus Papier unter den baumelnden Oberkörper des Mäuschens geschoben. Aber erst der von Dr. Silvia Haghayegh untergeschobene Ziegelstein schaffte Abhilfe und das Tier konnte sich in seiner misslichen Lage mit seinen Vorderpfoten endlich abstützen. Die Tierärztin versuchte den Nager durch Ziehen aus dem Unglücksort zu befreien, doch keinen Millimeter konnte das Tierchen bewegt werden. Um das um Freiheit kämpfende Tier zu entspannen, verabreichte die Veterinärin eine leichte Narkosespritze. Doch auch das half nichts. Die Tierärztin hielt nun eine Pinzette zwischen Maus und Gitter und der Hausmeister sägte mit einer Feile das Gitter durch. Die Pinzette verhinderte, dass bei einem eventuellen Abrutschen der Feile, der Körper verletzt werden würde. Die Hinterbeine des befreiten Mäuschens waren schon total gestreckt und es setzte blutigen Stuhlgang ab, ein sicheres Zeichen, dass die inneren Organe bereits gequetscht waren. Es war ein Bild es Erbarmens.
Die Nerven- und Blutzufuhr war so schlimm gequetscht, dass die Hinterbeine eiskalt waren. Sie zeigten keine Reflexe mehr, das heißt, sie waren bereits gelähmt und dieser Zustand war nicht reversibel. Dr. Silvia Haghayegh entschloss sich nun, die Narkose zu vertiefen und das Tier von seinem Leiden zu erlösen.
Entenküken in letzter Sekunde gerettet
Seit Stunden beobachteten Spaziergänger entlang des Isarkanals zwei Entenküken, die gegen die Strömung ankämpften. Immer mehr gerieten sie gefährlich nah an eine Schleuse heran, die den Tod der Beiden bedeutet hätte. Noch waren sie stark genug, um gegen den Sog anzukämpfen, aber noch zu klein, um alleine aus der Gefahrenzone herumzuschwimmen. Da hatten die Passanten den rettenden Gedanken und riefen die Tierrettung München. Dr. Silvia Haghayegh war schnell zur Stelle und stand nun vor der fast unlösbaren Aufgabe, mit welchem Werkzeug sie die gegen die reißenden Wassermassen des Isarkanals paddelnden Entchen herausholen könnte. Die Tierärztin kreierte das Modell „Entenküken- Rettungsstange“ zusammengebaut aus einem Kescher und einer Hundefangstange. Die Anrufer, die nun schon stundenlang in der Kälte ausharrten, verfolgten mit Spannung die Bergung der beiden Jungtiere. Die Aktion gelang und die Entenküken konnten gerettet werden.
Mittlerweile war es dunkel geworden, das Tierheim hatte bereits geschlossen, sodass die Tierärztin für die Nacht als Entenmutter fungieren musste. Verwaiste Entenküken können ohne Muttertier nicht überleben, sie benötigen noch mindestens acht Wochen bis sie fliegen können. Die ausgehungerten Tiere stürzten sich auf die hartgekochten Eier, die ihnen die Tierärztin vorsetze. Am nächsten Tag wurden die Küken in die Vogelaufzuchtstation des Tierheimes gebracht.
Die Taube im Netz
Während einer kurzen Arbeitspause auf dem Balkon entdeckte der Koch des „Blauen Hauses“ in der Hildegardstraße, dass etwas im Netz des Gebäudes gegenüber zappelte. Das Zappeln hörte gar nicht mehr auf. Deshalb versuchte der Koch nun doch genauer hinzusehen, was da los ist. Schließlich erkannte er, dass es sich um eine Taube handelte, die sich in dem löchrigen Netz, das eigentlich zur Taubenabwehr dient, verheddert hatte. Schnell suchte er in seinem Handy die Telefonnummer der Tierrettung München.
Als Dr. Silvia Haghayegh vor Ort erschien, wurde ihr beim Blick auf die gefangene Taube sofort klar, dass man diese idealerweise von einem bestimmten Fenster aus ganz leicht bergen könnte. Nachdem sie alle Wohnungen durchgeklingelt hatte und niemand öffnete, musste die Feuerwehr gerufen werden. Nachdem die Feuerwehr mit ausgefahrener Drehleiter die Taube aus ihrem gordischen Knoten befreit hatte, untersuchte die Veterinärin das Tier gründlich. Die kaputten Netzschnüre hatten sich mehrmals um den Flügel der Taube gewickelt. Glücklicherweise musste sich dieses Desaster aber erst vor kurzem ereignet haben, denn der Vogel zeigte keinerlei Blutergüsse und Abschürfungen. Deshalb konnte die Tierärztin, nachdem sie den Vogelflügel aus seinen Fesseln befreit hatte, die Taube wieder in die Lüfte steigen lassen.