Gefährliche Schokolade (Oster-)Hasenjagd mit Folgen
So hatte sich „Melk“ das mit dem Jagderfolg nicht vorgestellt. Der 1,5 Jahre alte schottische Jagdterrier, ursprünglich gezüchtet für die Fuchs Baujagd, durfte das Osterwochenende in München bei Verwandten verbringen. Ein grüner Garten, ein entspannter Kamerad und die fast ungeteilte Aufmerksamkeit für sich, was will ein Hund mehr?
Die erfahrene Hundebesitzerin des Hauses machte alles richtig: Alles an Schokolade wurde sicher auf hohen Tischen gelagert, es wurden keine Osternester am Boden versteckt. Nur zur Deko wurden ein paar Schokohasen in den kleinen Obstbaum im Garten gehängt, weit außerhalb der Reichweite von Melk und seinem Kollegen. Jedoch lockerte eine Böe einen der Hasen aus dem Baum, und er fiel unbemerkt zu Boden. Melk machte nun keinen Unterschied zwischen dem „Goldhasen“ und einem echten Hasen. In Sekunden war die Folie abgezupft, und er machte sich über die süße Leckerei her. 100 g Schokolade sind im Nu verputzt. Die Besitzerin reagierte prompt und rief die Tierrettung München zur Hilfe. Mit konkreten Angaben zu Gewicht des Hundes, Kakaogehalt der Schokolade und verzehrter Menge konnten wir schon eine Einschätzung der Situation geben und machten uns auf den Weg zu Melk, um ihn erbrechen zu lassen.
Vor Ort war der Hund wie jeder andere Welpe auch, fröhlich und verspielt. Nach einer allgemeinen Untersuchung bekam er ein Medikament unter die Haut gespritzt, welches Erbrechen auslöst. Innerhalb von fünf Minuten trat die Wirkung des Medikaments ein, und die Schokolade kam auf demselben Weg, wie sie rein ging, wieder raus. Nach mehrfachem produktivem Erbrechen wurde ein Gegenmittel gespritzt, und das Würgen ließ nach. Mit nun fast leerem Magen wurde Melk nachuntersucht, es wurde besonders auf die Herzfrequenz und die Schleimhäute geachtet und ihm eine intravenöse Infusion gelegt. Diese dient zum einen der Stabilisierung des Kreislaufs, der Rückführung von Flüssigkeit und zur besseren Ausscheidung des Toxins durch die Nieren. Während der Infusion durfte der nun etwas entkräftete Welpe sich auf dem Schoß der Besitzerin erholen. Nach 30 Minuten und regelmäßiger Kreislaufkontrolle wurde Melk wieder ganz der Alte, und man hätte meinen können, er hätte die Strapazen der letzten Stunde nie erlebt. Zu guter Letzt haben wir ihm noch flüssige Aktivkohle gegeben, um letzte Toxine im Magen-DarmTrakt zu binden und eine weitere Absorption zu verhindern. Gut, dass das alles im sonnigen Garten stattgefunden hat, sonst wäre es schon eine große Sauerei geworden. Für Melk war der Tag nun wieder wie er begonnen hatte; fröhlich, entspannt und mit jeder Menge Elan. Für seine Besitzerin war der Spuk noch nicht ganz vorbei, die nächsten zwei bis drei Stunden sollte sie ihren Hund noch gut beobachten.
Es kann auch nach erfolgreicher Dekontamination noch zu Symptomen wie Rastlosigkeit, Muskelzittern, erhöhten Atemund Herzfrequenz kommen. Auch auf eine ausreichende Wasseraufnahme sollte geachtet werden. Eine kleine Portion Futter zum Abend ist auch erlaubt. Sollten Symptome im Laufe des Abends auftreten, ist ein Besuch in der Tierklinik zur intensiveren Behandlung nötig. Dies blieb Melk und seiner Besitzerin jedoch erspart, er blieb symptomfrei, und der Rest des Osterwochenendes konnte ohne Probleme genossen werden.
Wichtige Informationen zur Schokoladenvergiftung:
Theobromin (ein Koffein-ähnlicher Stoff) in der Schokolade führen zu Stimulierung des Nervensystems und somit zu einer Überreizung bei erhöhten Mengen. Symptome sind: Unruhe, Tremor, Erbrechen, Durchfall, eine schnelle Herzfrequenz und Atmung bis hin zu Krämpfen und allenfalls Tod. Ausschlaggebend ist der Kakaogehalt: Je dunkler und bitterer die Schokolade, desto toxischer für Hund und Katze. Nüsse, Rosinen oder Alkohol in der Schokolade sind zusätzlich schädlich.
Beim Anruf beim Tierarzt oder vor Ort sind folgende Informationen wichtig:
- Wieviel Schokolade wurde gefressen?
- Welchen Kakaogehalt hatte die Schokolade und evtl. Zusätze?
- Wie lange ist die Aufnahme her, und welche Symptome werden gezeigt?
- Angaben zu Gewicht, Alter und Vorerkrankungen.
Was ist zu tun?
- Ruhe bewahren, einen Tierarzt kontaktieren oder direkt zu einer Tierklinik/ Haustierarzt fahren.
- Kontrollierte Emesis, Absorption der Resttoxine mit flüssiger Aktivkohle, Kreislaufstabilisierung und Überwachung des allgemeinen Befindens; häufiges Urinabsetzen ist wichtig, um eine Reabsorption des Theobromins in der Blase bei langem Harnhalten zu verhindern.
- Weiße Schokolade enthält keinen Kakao und somit auch kein Theobromin.