Knochenarbeit: Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht
Tierärzte warnen Hundebesitzer häufig davor ihren Vierbeinern tierische Knochen zum fressen oder kauen anzubieten. Denn wie der folgende Fall zeigt, kommt es immer wieder zu tiermedizinischen Notfällen, aufgrund eines harmlosen Knochens.
Von Dr. Hannes Wendt. Eines Abends gegen 22 Uhr machte ich mich mit meiner Assistentin Jessica Kohler auf den Weg zu einem Hund, der laut seiner Besitzerin einen Knochen verkeilt im Maul hat, der sich nicht mehr entfernen lässt. Oft klemmt sich ein Röhrenknochen beim Herumkauen zwischen die Backenzähne im Oberkiefer. Nicht so in diesem Fall: der kleine Mischling hatte einen Markknochen zu fressen bekommen. Dieser rutschte dabei über den Unterkiefer und verkeilte sich hinter den zwei Eckzähnen. Dieser Sachverhalt schien den Hund nicht sehr zu stören, da er uns freudig und schwanzwedelnd an der Tür begrüßte. Nichts destotrotz musste der Knochen natürlich entfernt werden. Um den Knochen einfach so abziehen zu können, saß er zu fest und war dem Mischling auch etwas unangenehm. Auch mit Vaseline als Schmiermittel ließ sich der Markknochen nicht vor die Eckzähne bringen. Somit mussten wir größere Geschütze auffahren: Wir mussten den Knochen aufsägen, um ihn entfernen zu können. Da dieses Vorhaben für das Tier natürlich sehr ungewohnt und mit einem leichten Druckschmerz verbunden sein kann, mussten wir ihn nach einer Untersuchung des Herz-Kreislauf- Apparates leicht sedieren. Nachdem der Patient deutlich schläfrig geworden ist, schützten wir seinen Kopf mit einem Handtuch und begannen mit der etwas schweißtreibenden Prozedur.
Der Knochen musste vorsichtig entfernt werden
Unter ständiger Kontrolle, damit kein Weichteilgewebe beschädigt wird, sägten wir behutsam die ca. 2cm dicke Wand des Markknochens bis zur Aushöhlung durch. Nach ungefähr 10 Minuten waren wir durch und konnten den Knochen soweit aufbiegen, dass wir ihn über den Unterkiefer ziehen konnten. Nach Entfernung des Fremdkörpers konnten wir die Maulhöhle auf Verletzungen untersuchen. Bis auf eine kleine Reizung des Zahnfleisches konnten wir glücklicherweise nichts feststellen. Noch in Sedation verabreichte ich dem Hund ein Schmerz- und Entzündungshemmendes Medikament. Jetzt konnte ich ihn mit einem Gegenmittel aus seinem leichten Schlaf wieder herausholen. 10 Minuten später konnte der kleine Mix schon wieder durch die Wohnung laufen.
Natürlich war auch die Besitzerin sehr erleichtert, dass ihr Hund von uns aus seiner misslichen Lage befreit werden konnte. Wie man sieht, kann ein lieb gemeintes Leckerli negative Folgen haben. Denn auch geschluckte Knochen können im Magen-Darm- Trakt zu erheblichen Problemen führen, die nicht selten nur chirurgisch in einer Operation gelöst werden können. Die Besitzerin des lieben Mischlings versprach mir bei der Verabschiedung, ihrem Vierbeiner nie wieder einen Knochen zu geben.