Im Expander verhakt
Mitte Oktober rief mich ein aufgeregter junger Mann an, dass seine Katze sich schwer am Expander verletzt hat und nun stark blutet. So schnell wie möglich machte ich mich auf den Weg zum Unglücksort. Die Katze „Maunzi“ saßwie ein Häufchen Elend auf dem Tisch.
Von Daniel Prengel, Tierarzt. Aus dem Maul hing ein Blutfaden und das linke Auge war stark geschwollen. Gott sei Dank hatte die starke Blutung aus dem Maul bereits aufgehört. Was war geschehen? Weil Katzen sehr verspielte Zeitgenossen sind und die Gefahren, so wie andere Tiere auch, nicht gut abschätzen können, fand „Maunzi“ an einem Gummiexpander, der von der Schrankablage herabhing, großen Gefallen. Mit einem mutigen Satz sprang sie vom Boden ab und fasste mit dem Maul zu. Eine Metallspitze drang in den Oberkiefer ein und verhakte sich. In Todesangst, nicht wissend, was mit ihr geschah, lief sie durch die Wohnung und versuchte den störenden Gegenstand abzuschütteln. Durch diese Abwehrbewegungen bohrte der Expander sich wahrscheinlich noch weiter vor und verletzte die gut durchblutete Maulschleimhaut stärker. Der geschockte Besitzer zögerte nicht lange, hielt seine vor Schmerzen schreiende Katze fest und entfernte den Expander, bevor noch Schlimmeres passieren konnte. Normalerweise soll man natürlich Fremdkörper ohne Arzt nicht entfernen, in diesem Fall war das aber notwendig, weil sonst viel schlimmere Verletzungen die Folge hätten sein können.
Ein Blick ins Maul ließ nicht viel erkennen, weil alles blutverschmiert und geschwollen war. Nach Verabreichung eines Schmerzmittels riet ich dem Besitzer, dass wir das Tier zur weiteren Überwachung in die Chirurgische Tierklinik transportieren sollten. Dieser willigte ein. Vor Ort angekommen hatte sich „Maunzi“ nach Wirkungseintritt des Schmerzmittels schon wieder etwas beruhigt und die Maulhöhle wurde von der diensthabenden Tierärztin nochmals untersucht. Bis auf ein paar ausgeschlagene Zähne konnte keine schwere Verletzung festgestellt werden. Das geschwollene Auge rührte wahrscheinlich von einem Schlag des Expanders her. Weil alles sehr geschwollen war, was im Maulbereich sehr gefährlich werden kann, wurde „Maunzi“ in der Klinik stabilisiert und überwacht und konnte wenige Tage später ohne weitere Folgeschäden wieder entlassen werden.
Wie dieser Fall zeigt, sollten Sie immer darauf achten, was in der Umgebung Ihres Tieres liegt. Gefahren drohen vor allem durch Strangulation mit Fäden oder Schnüren, verschlucken von giftigen Bestandteilen (Pflanzen, Medikamenten, etc.) oder Fremdkörpern, die zur Darmschädigung oder zum Darmverschluss führen. Und auch die Anwesenheit des Besitzers schützt nicht vor derartigen Unfällen. Tiere reagieren oft so unverhofft, dass gar nicht schnell genug reagiert werden kann.