Ein Hundeaccessoire der besonderen Art
Vor einiger Zeit erhielten Tierarzt Mathias Beyer und seine Assistentin den Anruf einer besorgten Hundebesitzerin, dass sich ihr Hund in einer sehr misslichen Lage befinden würde. Er habe sich einen Markknochen, welchen man in jedem gängigen Tierbedarfsgeschäft oder beim Metzger erhält, so über den Unterkiefer geschoben, dass er aus dieser Lage nicht befreit werden konnte.
Die Dame bat uns nun mit dem Satz „glauben Sie mir, mit einer Geflügelschere kommen Sie nicht weit!“ um Hilfe. So machte sich das diensthabende Team der Tierrettung auf den Weg, vorher mit einem kurzen Abstecher um adäquates Werkzeug zu organisieren, zum Patienten. Beim Eintreffen begrüßte uns „Diego“, ein imposanter Hovawartrüde im besten Alter, bereits schwanzwedelnd in der Tür. Der zuständige Tierarzt und seine Assistentin inspizierten das Problem genauer und versuchten zunächst, den Markknochen durch Drehen und vorsichtiges Ziehen über die Unterkiefereckzähne zu lösen, was leider nicht gelang.
Im nächsten Anlauf versuchte der Tierarzt den Markknochen mit einer so genannten Hohlmeiselzange mit Umlenkung im wahrsten Sinne des Wortes „durchzuknabbern“. Ein Unterfangen, welches entweder den Rest der Nacht in Anspruch genommen hätte oder aber dem Patienten im schlimmsten Falle den Unterkiefer brechen könnte. Auch dieser Versuch wurde nach kurzer Zeit wieder eingestellt, auch weil man das freundliche Gemüt des Patienten nicht überstrapazieren wollte.
Es blieb also nur noch eine Möglichkeit: eine leichte Narkose und der Einsatz einer Trennscheibe. Leider ist „Diego“ Epileptiker, was ein etwas höheres Narkoserisiko beinhaltet. Den Tierrettern blieb aber keine andere Möglichkeit, denn der Gebrauch der Trennscheibe ist doch relativ geräuschintensiv und nicht ganz ungefährlich, sollte sich das Tier bewegen. So wurde der Patient also mit einer s.g. „TIVA“ (Total Intravenöse Anästhesie) über einen Venenzugang in Narkose gelegt. Nach kurzer Zeit war „Diego“ bereits soweit eingeschlafen, dass der Tierarzt mit der Entfernung des Markknochens unter Schnittschutz beginnen konnte. Nach circa 20 Minuten war der Patient sein frisch erworbenes „Anhängsel“ bereits wieder los und die „Operation“ geglückt. Weitere zehn Minuten später stand er wieder, noch leicht benommen, neben uns und war sichtlich glücklich, dass er seinen Fang wieder ohne Probleme und in vollem Umfang schließen konnte. Auch der Besitzerin fiel nach der überstandenen Ultrakurznarkose ein großer Stein von Herzen, und sie versprach, glücklich und zufrieden, nie wieder diese Art von „Kauartikel“ zu kaufen und stattdessen auf tierbedarfsgerechtere Kauartikel umzusteigen.