Eichhörnchen-Rettung im Team
Da sage noch einer, dass niedergelassene Tierärzte kein Herz für Wildtiere hätten und die Behandlung kategorisch ablehnen würden. Mein Einsatzbericht beweist jetzt das Gegenteil! Eine Tierärztin, in deren Praxis ein Eichhörnchen mit einem vermeintlich gebrochenen Fußabgegeben wurde, rief mich an.
Von Daniel Prengel. Ich beherbergte noch ein verletztes Eichhörnchen,welches ich einer Pflegestelle zuführen wollte. Deshalb erklärte ich mich bereit, die Tierarztpraxis zu besuchen und das Eichhörnchen abzuholen.
Normalerweise handhaben wir es so, dass Tiere, die von einem Tierarzt angenommen wurden, als erstversorgt gelten und ein tierärztlicher Einsatz durch uns nicht mehr nötig ist. Der Transport in eine Pflegestelle nach der Versorgung eines Wildtieres muss dann von Tierarzt oder Finder organisiert werden. Grund hierfür ist, dass wir unsere Ressourcen auf die tierärztliche Versorgung von Wild-, Fund-, und Begleittieren konzentrieren wollen und reine Transporte in Pflegestellen ohne Erbringung einer tierärztlichen Leistung sehr zeitraubend und personalintensiv sind. In diesem Fall machte ich aber aus dem einleitend beschriebenen Grund eine Ausnahme. Die Kolleginnen erwarteten mich schon mit dem sichtlich aufgeregten Tier. Wir narkotisierten erst einmal das Eichhörnchen, um den Fuß genauer in Augenschein nehmen zu können. Eine Narkose ist bei Wildtieren häufig notwendig, um eine genaue und für das Tier stressfreie Untersuchung durchführen zu können.
Die zunächst vermutete Diagnose eines Knochenbruches konnte sich nach Inaugenscheinnahme und Abtasten nicht bestätigen lassen. Der Fuß war in sich stabil. Verdächtig erschienen allerdings kleine Löcher in der Haut. Wurde das Eichhörnchen eventuell gebissen, vielleicht von einem Marder? Eine sehr naheliegende Vermutung. Die beiden sehr eifrigen Tierärztinnen, deren Augenmerk ansonsten auf der Versorgung von Haustieren liegt, behandelten das Tier. Das war auch für mich ein interessanter Wechsel des Blickwinkels, sind es doch sonst vor allem die Tierärzte der Tierrettung, die eine Erstversorgung von Wildtieren durchführen. Der betroffene Bereich wurde ausrasiert und die Wunden desinfiziert. Ich widmete mich der Narkoseüberwachung und erzählte den beiden Kolleginnen, mit welchen Fällen wir bei unserer täglichen Arbeit konfrontiert sind. Nachdem die Wunden nun versorgt waren, spritzten wir dem Tier noch ein Langzeitantibiotikum und ein Schmerzmittel. Weiterhin erhielt das Eichhörnchen eine Zuckermineralstofflösung und Kochsalzlösung zur Stabilisierung des Kreislaufes. Aufmerksam beobachteten wir die Aufwachphase, und als unser Patient langsam den Kopf hob, legte ich ihn zurück in den Korb. Zu langes Warten hätte eine wilde Verfolgungsjagd durch die Praxis nach sich ziehen können. Kurze Zeit später flitzte das Eichhörnchen schon wieder durch den Käfig. Auch mein zweiter Patient, den ich vorher schon an Bord versorgt hatte, war schon wieder munter. Nachdem ich mir einer guten Versorgung sicher sein konnte, brachte ich die beiden Tiere in eine Auffangstation im Südwesten von München.
Auch wenn in diesem Fall die gemeinschaftliche Versorgung des Patienten gut funktioniert hat, sollten Sie bitte Verständnis dafür haben, dass Ihr Haustierarzt nicht jedes Wildtier kostenlos versorgen kann. Hier spielen wirtschaftliche Aspekte eine Rolle. Der niedergelassene Tierarzt bekommt das Geld von niemandem rückerstattet. Selbstverständlich werden sich nahezu alle Tierärzte nicht weigern, ein leidendes Wildtier von seinen Qualen zu erlösen. Das ist ein ungeschriebenes „Gesetz“.
Wir als gemeinnütziger Verein, der von Ihnen dankenswerterweise Spenden und im Falle der Mitglieder Beiträge erhält, finanzieren mit diesem Geld unter anderem die Erstbehandlung und den Weitertransport von verletzten Wildtieren in adäquate Aufzuchtstationen und sind daher im Münchner Raum erster Ansprechpartner für Sie bei verletzten Wildtieren und verunfallten, herrenlosen Haustieren. Sie als Mitglied und/oder Spender unterstützen mit Ihrem Geld eine reibungslose Versorgung dieser Tiere.
Sollten Sie ein vermeintlich verletztes Wildtier finden, so greifen Sie lieber erst einmal zum Telefonhörer und rufen die Notrufnummer der aktion tier-tierrettung münchen e. V. an, bevor das Tier aus der Natur entnommen wird. Das vermeidet vielleicht unnötigen Stress für das Tier. In vielen Fällen können wir auch am Telefon schon Abhilfe schaffen und die Situation entschärfen. Ein Wildtier in menschlicher Obhut hat unheimlich Stress. Dieser wiegt manchmal schwerer als eine chronische Erkrankung/Verletzung, mit der Natur gut überleben kann.