Bandscheibenvorfall bei Hunden
Der Bandscheibenvorfall ist eine Erkrankung des Nervensystems, die oft auch andere Rassen als nur den Dackel betrifft. Bandscheibenvorfälle können eine unterschiedliche Symptomatik auslösen.
„Mein Hund war bisher total gesund und heute, ganz plötzlich, wirkt er seltsam. Er jault sofort los beim Anfassen“, oder „Wir waren mit unserem Hund spazieren, seitdem hat er sich zurückgezogen und sieht so aus, als ob er Schmerzen hat und sich nicht bewegen will“, wie auch „Mein Hund streckt den Hals sehr komisch nach vorne“, oder „Mein Hund kann nicht mehr laufen, der schleift die Beine die ganze Zeit nach“, Solche und viele andere ähnliche Aussagen beschreiben oft die Symptome eines Bandscheibenvorfalls, häufig auch als „Dackellähme“ bekannt. Der Bandscheibenvorfall ist eine Erkrankung des Nervensystems, die oft auch andere Rassen als nur den Dackel betrifft.
Bandscheibenvorfälle können eine unterschiedliche Symptomatik auslösen. Schmerzen, Einschränkung der Bewegung der Wirbelsäule, unnatürliche Haltung des Halses oder des Rückens, Nachschleifen der Gliedmaßen, Reflexausfälle, Lähmungserscheinung sowie auch Inkontinenz können Symptome einer vorgefallenen Bandscheibe sein. Um den Bandscheibenvorfall besser zu verstehen, sollten wir erklären, dass die Wirbelsäule aus mehreren Wirbelkörpern und Bandscheiben besteht. Die Bandscheiben liegen zwischen den Wirbeln und funktionieren als ‚Puffer‘ und halten Zugund Druckbelastung stand. Aus den Wirbeln entsteht ein Kanal, der eine geschützte „Straße“ für das Rückenmark bildet. Das Rückenmark ist zuständig für die Sensibilität und Motorik der Gliedmaßen, sowie für die Steuerung der inneren Organe. Jede Bandscheibe hat einen gallertigen Kern (Nucleus pulposus), der von einem faserigen Ring (Anulus fibrosus) umgeben ist.
Die Vorfälle unterscheiden sich in 2 Typen, den von Hansen Typ I und Hansen Typ II. Hansen Typ I beschreibt den Riss des Ringes und den Vorfall des Kernes der Bandscheibe in den Wirbelkanal und ist meistens von akuten Schmerzen und Symptomen begleitet. Typ II hat eher mit degenerativen Vorgängen zu tun, die den Faserring der Bandscheibe aufweichen und den Kern degenerieren. In dem Fall kommt es meistens zu einer langsamen Verschlechterung der Symptome.
Symptome
Die Symptome können von reiner Schmerzsymptomatik bis zur vollständigen Lähmung und Ausfall des Tiefenschmerzes variieren und werden dementsprechend in 5 Grade eingeteilt. Grad 1 wäre ein Vorfall mit reiner Schmerzsymptomatik und Grad 5 die vollständige Lähmung der betroffenen Gliedmaßen ohne Tiefensensibilität.
Diagnose
Die klinische neurologische Untersuchung kann die Problematik des Rückenmarkes feststellen. Ob als Ursache der Symptome ein Bandscheibenvorfall vorliegt, kann nur durch eine Myelografie, Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) festgestellt werden. Alle Untersuchungen müssen leider bei unseren vierbeinigen Freunden in Narkose durchgeführt werden, denn eine absolute Stillhaltung für längere Zeit ist notwendig, um beurteilungsfähige Bilder der Wirbelsäule zu schaffen. Gleichzeitig wird dann auch festgestellt, welche Bandscheibe betroffen ist.
Bei Patienten mit vollständiger Lähmung der betroffenen Gliedmaßen muss dringend festgestellt werden, ob sie Tiefenschmerz empfinden. Der Ausfall des Tiefenschmerzes ist ein Hinweis auf eine Läsion des Rückenmarkes. Je länger dieser Ausfall anhält, desto schlechter ist die Prognose und desto dringlicher ist die Fortführung einer Operation. Bei Patienten, bei denen Tiefenschmerzen länger als 48 Stunden nicht mehr vorhanden ist, wird ein operativer Eingriff wegen der schlechten Prognose abgeraten.
Behandlung und Prognose
Die konservative Behandlung ist für die Patienten geeignet, die noch keine Lähmungserscheinungen gezeigt haben. Die konservative Therapie besteht aus Schmerzmitteln, entzündungshemmenden Medikamenten und Physiotherapie. Die Schonung des Tieres (Boxenruhe) in der akuten und schmerzhaften Phase ist erforderlich, und erst dann, wenn sich die extremen Schmerzen reduziert haben, ist die Physiotherapie möglich. Sie fördert die Beweglichkeit der betroffenen Stellen und den Aufbau der Muskulatur, die weiter die Wirbelsäule bei ihrer Funktion stützt und entlastet. Die aufbauende und vorsichtige Belastung ist wichtig für die Rückkehr des Patienten in das normale Leben bzw. zu seinem normalen Bewegungsverhalten. Falls sich keine Verbesserung einstellt oder die Situation sich verschlechtert, sollte nicht zu lange mit einer Operation gewartet werden, denn wird das Rückenmark nicht entlastet, kann es zu permanenten Dauerschäden kommen. Patienten, die schon Lähmungen und Reflexausfälle präsentiert haben, sollten schnellstmöglich operiert werden. Durch einen Zugang in den Wirbelkanal, wird das vorgefallene Bandscheibenmaterial entfernt und das Rückenmark wird entlastet. Je länger der Druck auf das Rückenmark ausgeübt wird, desto größer ist die Gefahr, dass die Nervenschädigungen irreversibel werden.
Wie jede Operation, birgt auch die Operation für die Behandlung eines Bandscheibenvorfalls immer ein Risiko. Die Besitzer müssen mit der Möglichkeit der Verschlechterung des neurologischen Zustandes konfrontiert sein. Die Manipulation am Rückenmark kann zu weiterer Rückenmarksschädigung führen, beziehungsweise zur Verschlechterung der neurologischen Symptome und irreversiblen Nervenschädigung. Die Narkose selbst birgt auch ein Risiko und kann aufgrund der Verschlechterung der Blutversorgung zu einer Verschlechterung der neurologischen Symptome führen. Bei einer erfolgreichen Operation ist die postoperative Physiotherapie (Krankengymnastik) sehr wichtig und hilfreich. Weitere Bandscheibenvorfälle, besonders der an der betroffenen Stelle nahliegenden Bandscheiben, sind möglich. Sowohl die konservative, als auch die chirurgische Behandlung haben als Ziel, dem Patienten ein normales Leben zu ermöglichen.
Alles in allem ist der Bandscheibenvorfall eine Erkrankung, die mehrere Hunderassen betrifft. Es ist eine lange und schmerzhafte Geschichte, deren Symptome sehr abweichen können und genauso kann die Prognose abweichen. Deswegen: Jeder Fall ist ein einzelner Fall und am besten kann nur der Tierarzt die Besitzer beraten, der den Patient untersucht hat und die allgemeinen und neurologischen Symptome in Kombination mit den Ergebnissen der bildgebenden Untersuchungen beurteilen kann.
Die Besitzer sollten viel Geduld mitbringen und auch wenn es zur Heilung gekommen ist, muss man immer Rücksicht auf sein Tier nehmen und drauf achten, dass die Belastung während des Alltags nicht zu hoch ist.