Bruchlandung auf dem Balkon - Schwan gerettet
Im Herbst bekam Yvonne Oehme, Assistentin der Tierrettung, einen etwas kuriosen Auftrag – Wildtiereinsatz in der Münchner Innenstadt – eine Familie hatte ungeladenen Besuch auf ihrem Balkon im dritten Stock bekommen.
Von Yvonne Oehme. Es war einer ihrer ersten Einsätze und es ist ja allgemein bekannt, dass Neulinge von den Kollegen erst einmal aufs Glatteis geführt werden. Skeptisch und gespannt suchte die Tiermedizinstudentin genannte Adresse auf.Dies stellte sich schon als etwas schwierig dar, denn genannte Hausnummer 16 war erst nach ewiger Sucherei zwischen den Nummern 37 und 41 zu finden. In der Wohnung der Anrufer angekommen, schaute sie zur Balkontür und traute ihren Augen kaum – zwischen Pflanzkübeln und Liegestühlen saß eine fehlgelandete Schwanendame. Sie war etwas blutig an einem ihrer Ständer. Wahrscheinlich hatte sie sich bei der Landung verletzt, denn ein Blumentopf war zu Bruch gegangen und hatte scharfe Kanten. Wie der Vogel überhaupt in den engen Innenhof der Wohnanlage gelangen konnte, war auch der „Gastfamilie“ unklar. Da Schwäne etwas Platz zum Ausbreiten ihrer Schwingen beim Startmanöver benötigen, war der Bruchpilot gewissermaßen auf dem engen Balkon gefangen. Als sich die Studentin der Tür näherte, richtete sich der Schwan auf und zischte – sehr respekteinflößend. Um das Tier manövrier- und kampfunfähig zu machen, warf Yvonne flink die mitgebrachte Decke über den Kopf, umfasste schnell die Schwingen und versuchte nun mit dem ca. 20 kg schweren Vogel durch die Wohnung und das Treppenhaus zu balancieren. Kurze Zeit später traf sie sich mit dem Tierarzt Dr. Gabor Horvath, welcher gerade von einem Haustier-Einsatz kam. Er untersuchte den Vogel gründlich und nahm die Verletzung am Ständer in Augenschein.
Glücklicherweise stellte sich heraus, dass es sich nur um eine kleine Schürfwunde handelte. Nach telefonischer Rücksprache mit den Fachleuten der Oberschleißheimer Vogelklinik, welche den Schwan in Quarantäne genommen und weiterbehandelt hätten, überlegte Dr. Horvath kurz – das Tier war sonst gesund und kräftig – er sah keine dringende Notwendigkeit, ihr für mehrere Tage die Freiheit zu entziehen. Er versorgte vorsichtig die Wunde und applizierte der Patientin Infusionsflüssigkeit zur Kreislaufstabilisierung. Danach wurde der Schwan wieder sorgfältig im Einsatzwagen verwahrt und weiter ging die Reise in Richtung Englischen Garten. Dort angekommen, suchten die beiden Tierliebhaber nach einem geeigneten Plätzchen, mit möglichst angrenzendem Wasser, um den Vogel freizulassen. Dieser Ort war schnell gefunden. An einem langsam fließenden Flussarm entließen sie die Schwanendame in die Freiheit, sie watschelte schnurstracks ins Wasser und entfernte sich schnellstmöglich von ihren Rettern. Dr. Horvath und Yvonne waren mit dem Ausgang des Einsatzes sehr zufrieden, denn selten ist es der Fall, dass den Tierrettern Wildtiere mit so minimalen Verletzungen vorgestellt werden und diese gleich wieder zurück in die Natur entlassen werden könn